Die Gemeinsame Forschungsstelle und die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung führen in allen Mitgliedstaaten eine Umfrage durch, um die Wirksamkeit der von den EU-Ländern im Rahmen der Richtlinie EU 2019/633 ergriffenen Maßnahmen zu bewerten.
Lieferanten, die in den verschiedenen Stufen der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette von der Richtlinie betroffen sind, wurden zur Teilnahme an dieser Umfrage eingeladen. Die Ergebnisse dieser Umfrage werden online veröffentlicht.
Unlautere Handelspraktiken erklärt
Unlautere Handelspraktiken sind Transaktionen zwischen Unternehmen, die von der guten Handelspraxis abweichen und gegen das Gebot von Treu und Glauben verstoßen. Aufgrund der gewaltigen Ungleichgewichte zwischen kleinen und großen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette ist diese besonders anfällig für unlautere Handelspraktiken. Landwirtschaftliche Betriebe und kleine Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette verfügen oft nicht über genügend Verhandlungsmacht, sich dagegen zu wehren.
Daher hat die Europäische Union beschlossen, den Schutz der Landwirte – sowie kleiner Lieferanten – zu verbessern und verbindliche Vorschriften zu erlassen, durch die bestimmte unlautere Handelspraktiken verboten werden.
Die EU-Richtlinie 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette wurde am 17. April 2019 vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen. Die EU-Länder mussten die Richtlinie bis zum 1. Mai 2021 in nationales Recht umsetzen und sechs Monate später anwenden.
Die Richtlinie über unlautere Handelspraktiken ist fester Bestandteil einer umfassenderen Agenda der Kommission, um unfairem und ineffektivem Wettbewerb entgegenzuwirken. Dazu gehören auch Möglichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen Erzeugern und Maßnahmen zur Verbesserung der Markttransparenz. Die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ soll außerdem dazu beitragen, die Position der Landwirtinnen und Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette zu verbessern.
Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken
Um die Position der Landwirte und der kleinen und mittleren Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette zu verbessern, hat die EU Rechtsvorschriften erlassen, die 16 unlautere Handelspraktiken verbieten. In dieser Richtlinie wird zwischen „schwarzen“ und „grauen“ Praktiken unterschieden. Unlautere Handelspraktiken, die auf der Schwarzen Liste stehen, sind unter allen Umständen verboten, die Praktiken auf der Grauen Liste sind hingegen erlaubt, wenn Lieferant und Käufer dies im Vorfeld klar und unmissverständlich vereinbaren.
Die 10 unlauteren Handelspraktiken auf der Schwarzen Liste
- Zahlung für verderbliche Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse erst nach mehr als 30 Tagen
- Zahlung für andere landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel erst nach mehr als 60 Tagen
- Kurzfristige Stornierung der Bestellung verderblicher landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Lebensmittel
- Einseitige Vertragsänderungen durch den Käufer
- Zahlungen, die nicht mit einem konkreten Geschäftsvorgang im Zusammenhang stehen
- Übertragung des Risikos von Verlust und Verderb auf den Lieferanten
- Verweigerung einer schriftlichen Bestätigung einer Liefervereinbarung durch den Käufer trotz Aufforderung durch den Lieferanten
- Missbrauch von Geschäftsgeheimnissen durch den Käufer
- Vergeltungsmaßnahmen kommerzieller Art des Käufers
- Abwälzung der Kosten für die Bearbeitung von Kundenbeschwerden auf den Lieferanten
Die 6 unlauteren Handelspraktiken auf der Grauen Liste
Diese sind nur zulässig, wenn sie zuvor klar und eindeutig vereinbart wurden.
- Rücksendung unverkaufter Waren
- Zahlung des Lieferanten für Lagerung, Platzierung und Listung
- Zahlung des Lieferanten für Absatzförderungsmaßnahmen
- Zahlung des Lieferanten für Marketingmaßnahmen
- Zahlung des Lieferanten für Werbemaßnahmen
- Zahlung des Lieferanten für Personal des Käufers, Ausstattung von Räumlichkeiten
Die Richtlinie sieht eine Mindestharmonisierung betreffend unlautere Handelspraktiken in allen EU-Ländern vor. Dies wird für gleiche Bedingungen in Bezug auf diese Praktiken sorgen, die als am problematischsten eingestuft wurden.
Wichtigste Vorschriften der Richtlinie
Schutz schwächerer Lieferanten vor stärkeren Käufern
Die Richtlinie sieht vor, dass schwächere Lieferanten vor stärkeren Käufern geschützt werden, wozu auch alle Lieferanten von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen mit einem Umsatz von bis zu 350 Mio. Euro gehören. Unterhalb dieses Schwellenwerts sind unterschiedliche Schutzniveaus vorgesehen. Dies gilt für landwirtschaftliche Betriebe, Erzeugerorganisationen und Vertriebsunternehmen unterhalb des Schwellenwerts. Sofern eine der Parteien ihren Sitz in der EU hat, gilt dies auch für Lieferanten und Käufer außerhalb der EU.
Umsetzung in nationales Recht
Die EU-Länder können bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht beschließen, strengere Vorschriften als in der Richtlinie zu erlassen. Sie dürfen jedoch nicht weniger Schutz bieten als in der Richtlinie vorgesehen ist.
Die Kommission hat einen Zwischenbericht über den Stand der Umsetzung und Durchführung der Richtlinie veröffentlicht. Alle EU-Länder haben die vollständige Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht bestätigt. Die Kommission führt derzeit eine Konformitätskontrolle durch, um die Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften mit den Verpflichtungen der Richtlinie zu bewerten.
Umsetzungsmaßnahmen pro EU-Land
Durchsetzungsbehörden
Jedes EU-Land hat eine für die Durchsetzung dieser Vorschriften zuständige Behörde benannt. Diese Behörden müssen sowohl befugt sein, Untersuchungen einzuleiten als auch gegen Unternehmen, die gegen die Vorschriften verstoßen, Geldbußen zu verhängen.
Land | Durchsetzungsbehörde | Kontaktdaten |
---|---|---|
Österreich | Das Fairness-Büro |
E-Mail: officefairness-buero [dot] gv [dot] at (office[at]fairness-buero[dot]gv[dot]at) |
Bundeswettbewerbsbehörde |
E-Mail: wettbewerbbwb [dot] gv [dot] at (wettbewerb[at]bwb[dot]gv[dot]at) |
|
Belgien | GD Wirtschaftsinspektion der FÖD-Wirtschaft – FR/NL |
E-Mail: utp [dot] agrifoodchaineconomie [dot] fgov [dot] be (utp[dot]agrifoodchain[at]economie[dot]fgov[dot]be) |
Bulgarien | Kommission für den Schutz des Wettbewerbs |
E-Mail: delovodstvocpc [dot] bg (delovodstvo[at]cpc[dot]bg) |
Kroatien | Kroatische Wettbewerbsbehörde |
E-Mail: agencija [dot] ztnaztn [dot] gov [dot] hr (agencija[dot]ztn[at]aztn[dot]gov[dot]hr) |
Zypern | Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Umwelt, Abteilung Landwirtschaft |
E-Mail: directorda [dot] moa [dot] gov [dot] cy (director[at]da[dot]moa[dot]gov[dot]cy) |
Tschechien | Büro für den Schutz des Wettbewerbs |
E-Mail: postauohs [dot] cz (posta[at]uohs[dot]cz) Abteilung internationale Angelegenheiten |
Dänemark | Dänische Wettbewerbs- und Verbraucherbehörde |
E-Mail: utpkfst [dot] dk (utp[at]kfst[dot]dk) |
Estland | Nationale Wettbewerbsbehörde Estlands |
E-Mail: infokonkurentsiamet [dot] ee (info[at]konkurentsiamet[dot]ee) |
Finnland | Finnischer Ombudsmann für den Lebensmittelmarkt | E-Mail: etmvetmv [dot] fi (etmv[at]etmv[dot]fi) |
Frankreich | Generaldirektion Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (DGCCRF) | Kontakt: (über Kontaktformular auf der Website) Telefon: +33 (0) 1 44 87 17 17 |
Deutschland | Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung – BLE | E-Mail: utpble [dot] de (utp[at]ble[dot]de) Telefon: +49 228 6845-0 |
Griechenland | Ausschuss zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken – Ministerium für ländliche Entwicklung und Ernährung Griechenlands | E-Mail: apetropoulouminagric [dot] gr (apetropoulou[at]minagric[dot]gr) Telefon: +0302102124289 |
Ungarn | Sicherheitsbüro für die nationale Lebensmittelkette – NEBIH | E-Mail: tpfonebih [dot] gov [dot] hu (tpfo[at]nebih[dot]gov[dot]hu) Telefon: +36-1-336-9000 |
Irland | Durchsetzungsbehörde für unlautere Handelspraktiken - UTP | E-Mail: UTPagriculture [dot] gov [dot] ie (UTP[at]agriculture[dot]gov[dot]ie) Telefon: +353 (0) 1 5058607 |
Italien | Italienisches Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forstwirtschaft – Abteilung ICQRF | E-Mail: icqrf [dot] capodipartimentopoliticheagricole [dot] it (icqrf[dot]capodipartimento[at]politicheagricole[dot]it) Telefon: +39 06 4824047 / +39 06 4884467 |
Lettland | Wettbewerbsrat Lettlands | E-Mail: pastskp [dot] gov [dot] lv (pasts[at]kp[dot]gov[dot]lv) Telefon: +371 6728 2865 |
Litauen | Agentur für die Entwicklung von Unternehmen und Märkten im ländlichen Raum | E-Mail: infolitfood [dot] lt (info[at]litfood[dot]lt) Telefon: +370 52 649035 |
Luxemburg | Wettbewerbsrat | E-Mail: infoconcurrence [dot] public [dot] lu (info[at]concurrence[dot]public[dot]lu) Telefon: +352 2478 4174 |
Malta | Ausschuss für unlautere Handelspraktiken | E-Mail: utpboard [dot] mafagov [dot] mt (utpboard[dot]mafa[at]gov[dot]mt) |
Niederlande | Behörde für Verbraucher und Märkte – ACM | E-Mail: ACM-Postacm [dot] nl (ACM-Post[at]acm[dot]nl) Telefon: +31 70 7222 000 Fax: +31 70 7222 355 |
Polen | Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde Polens | E-Mail: uokikuokik [dot] gov [dot] pl (uokik[at]uokik[dot]gov[dot]pl) Telefon: + 48 22 55 60 800 |
Portugal | Behörde für Lebensmittelsicherheit und Wirtschaft | E-Mail: correio [dot] asaeasae [dot] pt (correio[dot]asae[at]asae[dot]pt) Telefon: +351217983600 Fax: +351 217 983 654 |
Rumänien | Wettbewerbsrat | E-Mail: officeconsiliulconcurentei [dot] ro (office[at]consiliulconcurentei[dot]ro) |
Slowakei | Ministerium für Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums der Slowakischen Republik |
E-Mail: utps [dot] agrifoodland [dot] gov [dot] sk (utps[dot]agrifood[at]land[dot]gov[dot]sk) |
Slowenien | Slowenisches Amt für Wettbewerbsschutz |
E-Mail: gp [dot] avkgov [dot] si (gp[dot]avk[at]gov[dot]si) |
Spanien | Informations- und Kontrollstelle für Lebensmittel – AICA |
E-Mail: daicamapa [dot] es (daica[at]mapa[dot]es) |
Schweden | Schwedische Wettbewerbsbehörde |
E-Mail: konkurrensverketkkv [dot] se (konkurrensverket[at]kkv[dot]se) |
Beschwerden
Die Richtlinie schreibt unter anderem Maßnahmen zum Schutz der Beschwerdeführer vor, um schwächeren Lieferanten bei der Ausübung ihrer Rechte zu helfen. Sie können wählen, bei welcher Durchsetzungsbehörde sie eine Beschwerde einreichen möchten: ihre nationale Behörde oder die Behörde des EU-Landes, in dem der Käufer ansässig ist.
Bewertung der Richtlinie
Um die Wirksamkeit der von den Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen zu bewerten, wird Ende 2025 eine Bewertung der EU-Richtlinie 2019/633 auf EU-Ebene vorgelegt werden. Zur Beschaffung von Informationen für diese Bewertung führen die Gemeinsame Forschungsstelle (JRC) und die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung jährliche Erhebungen in allen EU-Ländern durch.
Die Ergebnisse der Erhebungen der Vorjahre finden Sie hier: Ergebnisse der Erhebungen über unlautere Handelspraktiken.