Flachsanbau in der EU
Flachs, auch als Leinsaat bezeichnet, wird in der Europäischen Union für seine Fasern und Samen angebaut. Diese Ackerkultur ist eine nachhaltige Rohstoffquelle für eine Vielzahl von Wirtschaftszweigen wie Textilien, Lebensmittel und andere Sektoren der Bioökonomie. In der EU wird Flachs vor allem in West- und Nordeuropa angebaut, wobei Frankreich, Belgien und die Niederlande die wichtigsten Anbauländer sind.
In den letzten zehn Jahren wurde die Flachsanbaufläche in der EU erheblich vergrößert, was in erster Linie auf die Marktbedingungen zurückzuführen ist. Von 2014 bis 2024 hat sich die Gesamtfläche für den Faserflachsanbau in der EU von 80 000 Hektar auf 182 000 Hektar mehr als verdoppelt.
Flachsanbau und -verarbeitung
Anbau
Flachs wird in der Regel im Frühling, genauer gesagt im März und April, ausgesät. Es handelt sich um eine relativ schnell wachsende Kultur mit einer Vegetationsperiode von rund 100 Tagen, je nach Breitengrad. Die Pflanze erreicht eine Höhe von etwa einem Meter. Nach einer kurzen Blütezeit wird Flachs anstatt durch Mähen durch Ausraufen der gesamten Stängel geerntet. Diese Technik gewährleistet lange Fasern, die für die Textilproduktion wichtig sind.
Rösten/Rotte
Nach dem Ausraufen werden die Stängel sorgfältig in Schwaden auf dem Feld ausgelegt und dort einige Wochen lang der Witterung ausgesetzt. Während diesem natürlichen Fäulungsprozess werden sie regelmäßig gewendet. Dieser Verfahrensschritt wird als Rotte oder Röstung bezeichnet und zielt darauf ab, das Pektin zu lösen, das die Faser und den Holzteil des Stängels zusammenhält.
Brechen
Die Rotte ermöglicht es, die langen Fasern aus dem Stängel zu lösen. Die gerösteten Stängel werden in einer Flachsschwinganlage weiterverarbeitet. Dort werden die holzigen Teile der Stängel mechanisch zerkleinert, um die Fasern herauszulösen. Während dieses Verfahrens werden alle Pflanzenteile (lange Fasern, kurze Fasern, Samen, Schäben, Flocken, Staub) getrennt und für die Weiterverarbeitung gesammelt.
Verwendung von Flachs
Flachs und seine Erzeugnisse werden in verschiedenen Wirtschaftszweigen verwendet und tragen zur Bioökonomie bei. Beispiele dafür sind:
- Textilien
Lange Flachsfasern dienen der Herstellung von Leinen, einem hochwertigen Gewebe für Bekleidung, Haushaltstextilien und industrielle Anwendungen. Nach dem Brechen werden die langen Fasern gekämmt, gesponnen und gewebt, um den fertigen Leinenstoff herzustellen.
- Lebensmittel
Leinsamen sind eine wertvolle Quelle von Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen. Sie werden bei der Herstellung von Lebensmitteln wie Brot, Müsli und Nahrungsergänzungsmitteln verwendet. Beim Pressen von Leinsamen entsteht Leinöl, ein Omega-3-reiches Speiseöl.
- Biobasierte Produkte
Die kurzen Fasern werden zu anderen biobasierten Materialien weiterverarbeitet. Faserflachs kann Glasfasern in Verbundwerkstoffen aus Kunststoff ersetzen, die für Konsumgüter oder in der Automobilindustrie verwendet werden. Auch in der Möbelherstellung oder als Isoliermaterialien für Gebäude kommen kurze Flachsfasern zum Einsatz.
Leinöl ist für die Polymerisation geeignet und kann deshalb in Lacken, Ölfarben und Linoleum verarbeitet werden.
- Futtermittel
Lein-Extraktionsschrot ist ein Nebenprodukt der Ölgewinnung aus Leinsaat. Es weist einen hohen Proteingehalt auf und wird als Tierfutter verwendet. Leinsamen aus Faserflachs seinerseits dient in der Tierernährung als natürliche Eiweiß- und Energiequelle.
Flachs in der GAP
Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) können Landwirte, die Flachs anbauen, Direktzahlungen erhalten. Die EU-Länder können weitere Hilfen gewähren, indem sie Öko-Regelungen für den Flachsanbau konzipieren oder das System der gekoppelten Einkommensstützung anwenden. Für den Programmplanungszeitraum 2023-2027 bietet Polen diese Art der gekoppelten Stützung für Flachsanbau an.
Die EU-Länder müssen der Kommission Marktdaten über die Produktpreise und die Flachserzeugung übermitteln. Diese Informationen werden von der Kommission für die Überwachung, Analyse und Verwaltung des Marktes verwendet.
Bei Marktstörungen kann die Kommission Beihilfen für die private Lagerhaltung von Faserflachs einführen, um die Märkte zu stabilisieren und für die landwirtschaftliche Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten (Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013).
Beitrag von Flachs zur nachhaltigen Landwirtschaft
- Umwelt: Der Flachsanbau ist mit guten und nachhaltigen landwirtschaftlichen Verfahren vereinbar. Nur geringer Düngemitteleinsatz ist erforderlich, für die Bewässerung ist Regen ausreichend, und in der Fruchtfolge ist ein Abstand von sechs bis sieben Jahren nötig. Aufgrund seiner Wurzeln und der geringen Bodenverarmung verbessert Flachs die Bodenstruktur und beeinträchtigt die biologische Vielfalt weniger als andere, häufig angebaute Ackerkulturen.
- Soziales: Insbesondere der Anbau und die Primärverarbeitung von Flachs sichern Beschäftigungsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten. Das Spinnen und Weben der Fasern findet meistens in Drittländern statt, doch auch in der EU werden mehr und mehr einschlägige Produktionskapazitäten aufgebaut, was Arbeitsplätze auf dem Land schafft.
- Wirtschaft: Der Flachsanbau trägt zu einem tragfähigen Einkommen für die Landwirtinnen und Landwirte bei und liefert wertvolle Ressourcen für die Bioökonomie.
Rechtsgrundlage
Verordnung (EU) 2021/2115 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne).
Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse.
Durchführungsverordnung (EU) 2017/1185 mit Durchführungsbestimmungen zu den Verordnungen (EU) Nr. 1307/2013 und (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Übermittlung von Informationen und Dokumenten an die Kommission.